Wir sind eine Gruppe von NGOs die sich seit Jahren mit verschiedenen Aspekten der Demokratie in Österreich beschäftigen. Als solche wollen wir mit dem Instrument des Demokratie-Index diese Aspekte umfassend und quantitativ einer jährlich wiederkehrenden Bewertung unterziehen.
Wir sind keine Wissenschaftler und erheben daher auch keinen solchen Anspruch, sondern haben bewusst einen pragmatischen Zugang gewählt.
Der deutsche Politologe an der amerikanischen Princeton University, Jan-Werner Müller, prägte in seinem jüngsten Werk „Freiheit, Gleichheit, Ungewissheit. Wie schafft man Demokratie?“ aus 2021 den Begriff der „kritischen Infrastruktur der Demokratie“, die es zu schützen gilt.
Dazu gehören neben den klassischen Säulen der Demokratie Legislative, Exekutive, Judikative auch Medien, Parteien und NGOs (also die Zivilgesellschaft), denn die Bürger*innen also der Souverän als Fundament einer Demokratie, können ihre politischen Rechte vor allem dann richtig nutzen, wenn sie Organisationen dafür haben.
Basierend auf diesen Überlegungen haben die am Projekt beteiligten NGOs – allesamt Expert:innen in Fragen der Demokratie – die sieben Säulen Souverän, Parteien, Legislative, Exekutive, Justiz, Medien und Zivilgesellschaft definiert. Ohne diese Infrastruktur ist eine moderne, liberale Demokratie nicht denkbar.
Daraus leiten sich folgende Hauptaspekte der Demokratie ab:
– uneingeschränkte Grundrechte
– repräsentativer Wille des Souveräns
– faire, transparente und sichere Wahlen von Parteien
– Transparenz vor allem in den 3 Staatsgewalten (Exekutive, Legislative, Justiz)
– gegenseitige Kontrolle („checks and balances“)
– externe Kontrolle aber auch feed-back durch Medien und Zivilgesellschaft
– umfangreiche Regelungen die Korruption auf allen Ebenen verhindern sollen („code of conduct“)
Die 7 Säulen haben wir in 15 Kapitel unterteilt, die wiederum in 5-15 Anforderungen an eine liberale moderne Demokratie gegliedert sind. So kommen wir zu 114 Anforderungen.
Jede dieser Anforderungen wurde mit einem Faktor gewichtet. Die meisten liegen im Bereich 0,5-1,5 Prozent. Die Säulen haben Gewichtungen zwischen 10 und 18 Prozent, die Kapitel zwischen 3 und 10 Prozent. Die Summe der Gewichtungsfaktoren ergibt 100 Prozent.
Die Umsetzung dieser Anforderungen haben wir ab dem Jahr 2015 jährlich bewertet. In den Bewertungen (0-100 Prozent) haben wir versucht folgende Aspekte abzubilden:
– Gibt es eine Regelung (Gesetz, Verordnung etc.), das diese Anforderung umsetzt?
– Wie wird diese Regelung gelebt?
– Gibt es für alle Gebietskörperschaften (Bund, Land, Gemeinden und andere) solche Regelungen (soweit das Sinn macht und erforderlich ist)?
– Wenn es (noch) keine Regelung gibt, gibt es Entwürfe, Absichtserklärungen etc. dazu?
Anders als die internationalen Indices, die für einen globalen Vergleich einen top-down Ansatz verfolgen und bei denen Österreich daher immer relativ hoch bewertet wird, entspricht unser Zugang einem bottom-up Ansatz, der mit den fortschrittlichsten und liberalsten Demokratien der EU vergleicht. So kommen wir zu vergleichsweise niedrigeren Werten, die vor allem die Defizite der Infrastruktur der Demokratie in Österreich betonen, die einer Sanierung bedürfen.
Uns ist klar, dass solche Bewertungen subjektiv sind und dass jemand Anderes möglicherweise zu anderen Zahlen kommt. Wir haben unser bestes Wissen und Gewissen für diese Einschätzungen verwendet und nehmen für uns in Anspruch mit der Materie gut vertraut zu sein, da wir die verschiedenen Fragestellungen seit vielen Jahren begleiten und analysieren.
Die Summe aller Multiplikationen, und zwar Gewichtungsfaktor mal Bewertung (pro Anforderung), ergibt den Demokratie-Index für das entsprechende Jahr. Die gesamte Berechnung kann in der Excel-Tabelle nachvollzogen werden.