Historische Daten
Forderungen
- Die Arbeit und die Sicherheit von Journalist:innen muss umfassend geschützt sein.
- Die Aufsichtsgremien des ORF müssen im Sinne seiner verfassungsmäßig vorgeschrieben Unabhängigkeit reformiert werden, um parteipolitischen Einfluss einzuschränken.
- Die willkürliche und intransparente Vergabepraxis von öffentlichen Inseraten muss ein Ende finden.
- Die Wiener Zeitung bleibt als unabhängiges Qualitätsmedium erhalten und die demokratiepolitisch gefährlichen Regierungspläne für eine staatliche Journalistenausbildung werden verworfen.
- Der Fleckerlteppich an staatlichen Medienförderungen weicht einer konvergenten Journalismusförderung, die nachvollziehbar vergeben wird und klare Qualitätskriterien (z.B. Mitgliedschaft im Presserat, Redaktionsstatut, journalistische Arbeitsplätze) voraussetzt.
KAPITEL
Medienfreiheit und Unabhängigkeit 72,8%
Die freie und unabhängige Berichterstattung ist in Österreich im Wesentlichen gesichert, aber es gibt durchaus problematische Tendenzen: So verhindert das Amtsgeheimnis weiterhin den uneingeschränkten Zugang zu staatlichen Informationen und vergrößert so die journalistische Abhängigkeit von politischen Entscheidungsträger:innen als Informationsquellen. Es gibt das zunehmende Problem von „SLAPP“-Klagen gegen öffentliche Beteiligung, mit denen Journalist:innen eingeschüchtert werden sollen und zur Zeit keinen effizienten Schutz vor diesem Rechtsmissbrauch. Die Berichterstattung über Demonstrationen stellt Journalist:innen auch immer wieder vor Probleme, einerseits weil sie von radikalen Teilnehmer:innen angegriffen werden, andererseits durch restriktives Vorgehen der Polizei ua. wegen undifferenzierter Anwendung des Versammlungsgesetzes. Hier erwarten wir uns Maßnahmen zum Schutz von Journalist:innen und ein sensibleres Vorgehen um das Grundrecht der Pressefreiheit zu gewährleisten.
Die Veröffentlichung FPÖ-interner Chats bietet tiefe Einblicke in die unter Türkis-Blau orchestrierten Angriffe auf den ORF und zeigt einmal mehr, dass die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des öffentlich rechtlichen Rundfunks dringend reformiert werden muss, um den Regierungseinfluss zu verringern und die Gefahr für die – verfassungsrechtlich garantierte – Unabhängigkeit des ORF in Zukunft abzuwenden. Leider gibt es von der zuständigen Ministerin kein Signal in diese Richtung.
Die Möglichkeit des Einflusses der Politik auf Medien über öffentliche Inserate wird durch eine Reform des Transparenzgesetzes zwar voraussichtlich nicht vollständig eingedämmt, aber zumindest nachvollziehbarer: Künftig sollen alle Inserate von öffentlichen Stellen, nicht wie bisher nur jene über 5.000 Euro, in einer Transparenzdatenbank aufscheinen (und von dort auch nicht mehr entfernt werden). Besonders teure Kampagnen müssen auch begründet werden.
Anforderungen (Medienfreiheit und Unabhängigkeit)
KAPITEL
Medienvielfalt und -qualität 61,0%
Die Regierungspläne für die Wiener Zeitung, die ihr Ende als unabhängige Tageszeitung besiegeln würden, schaden nicht nur der Medienvielfalt Österreichs. Sie sind potenziell verheerend, da sie auch den Aufbau und die mit 6 Millionen Euro marktverzerrend hohe Finanzierung einer journalistischen Ausbildungsstätte sowie einer Content- und einer Mediaagentur beinhalten. Das alles unter der direkten Kontrolle des Bundeskanzleramts, was im Sinne der journalistischen Unabhängigkeit vehement abzulehnen ist.
Die im November 2022 bekannt gewordenen Chats zwischen den Chefredakteuren der Qualitätsmedien ORF 2 und „Die Presse“ und Politikern legen nahe, dass die beiden Journalisten gegen die Interessen der eigenen Redaktionen politische Gefälligkeiten leisteten. Sie beschädigen die im Zuge des allgemeinen Vertrauensverlustes in Institutionen schon stark angeschlagene Glaubwürdigkeit in die Medien zusätzlich. Die Affäre birgt aber auch das Potenzial für Verbesserungen in der Branche durch schonungslose Selbstkritik, eine Stärkung der journalistischen Standards und Transparenz. Dazu wäre eine Stärkung des Presserats essenziell, doch die Regierung plant das Gegenteil: Mit dem angekündigten Medienpaket wird der Presserat faktisch geschwächt, da seine Finanzierung trotz starker Inflation nicht erhöht bzw. indexiert wird. Die Mitgliedschaft im Presserat hat auch keinen Einfluss auf den Anspruch für die geplante Qualitäts-Journalismus- Förderung, die aber erstmals einige andere journalistische Qualitätskriterien belohnt, wenn auch nicht voraussetzt.